Zum einen gibt’s in der Chili-Szene im Jahresrhythmus neue Schärfe-Champions, die in die Guinness Buch World Records einziehen. Auf der anderen Seite die weniger Feurigen, mit denen man fein kochen kann. Und ein paar kulinarisch besonders Vielseitige haben allenfalls einen Hauch von Schärfe – die italienischen Friggitelli. Häufig werden sie zum Schmoren verwendet, ähnlich den Pimientos de Padron in Spanien. Aber man kann noch so viel mehr Leckeres damit anstellen, dass die Friggitelli in kürzester Zeit einer unserer Lieblinge wurden.
Der Name Friggitello (das ist die Einzahl) stammt sogar vom italienischen friggere, braten. Im Süden Italiens, besonders in Kampanien, sind die Schmor-Chilis zuhause; in der Gegend um Neapel heißen sie auch Friarelli. (nicht zu verwechseln mit Friarielli, einer Art Broccoli-Kraut). Hier werden sie in ein wenig Olivenöl als schmackhafte Beilage im Ganzen gebrutzelt. Produziert werden sie in Kampanien, Apulien, Kalabrien und in der Basilicata. Meist werden sie auf kleinen Feldern angebaut und von Hand geerntet.
Aber auch hier in Norditalien, wo wir seit einiger Zeit leben, bekommt man problemlos frische Friggitelli – auf dem regionalen Bauernmarkt, und abgepackt sogar bei LIDL Italia und anderen Supermärkten. Für den Heimgärtner gibt’s im Frühjahr Pflanzen, und auch verschiedene Saatanbieter haben Friggitelli im Sortiment. Selbst in Deutschland gibt’s schon vereinzelt Friggitelli-Saat zu kaufen.
Aber was genau ist ein Friggitello – eine eigenständige Sorte? Ein Oberbegriff für milde Peperoni, die sich gut schmoren lassen? Hier gehen die Meinungen selbst unter den Italienern auseinander. Die einen meinen, der Name steht für alle schlanken Sorten, die ansonsten (auch im deutschsprachigen Raum) Peperone heißen, und im anglo-amerikanischen Sprachraum Peperoncini (die blassgrünen Dinger, die eingelegt auf der Pizza landen, während damit im Italienischen die scharfen Varianten gemeint sind).
In verschiedenen Geschäften fanden wir Packungen diverser Anbieter von Friggitello-Samen. Die daraus entstehenden Früchte sehen allerdings schon auf den Packungsabbildungen sehr unterschiedlich aus, wie diese drei Beispiele zeigen. Einige der kommerziellen Produkte sind sogar F1-Saat, genau wie die hier im Gartenmarkt angebotenen Pflanzen. Es ist aber kaum vorstellbar, dass etwa kampanische Kleinbauern mit teurer Hybridsaat arbeiten; die lokalen Sorten werden meist seit vielen Generationen selbst gezogen. Dieses werden wir zu gegebenem Zeitpunkt einmal vor Ort versuchen, in Erfahrung zu bringen. Dass sich die Sorten durchaus unterscheiden, zeigt auch unser Testanbau inklusive Verkostung.
Die Friggitelli-Früchte, die wir auf dem Markt erstanden haben, wiesen ein recht unterschiedliches Erscheinungsbild auf; dies spricht eher für eine alte Landrasse. Die Früchte sind zwischen 7 und 14 cm lang, haben einen Durchmesser von etwa 2,5 bis 3,5 cm und eine stumpfe Spitze. Plazenta und Saat konzentrieren sich wie bei vielen Capsicum-Sorten auf den oberen Bereich der Früchte. Diese sind relativ dünnwandig (ähnlich Anaheim und anderen New Mexicans) und mild. So richtige Schärfe-Ausreißer wie bei De Padron konnten wir bei unseren Kostproben nicht ausmachen; alle waren mild mit allenfalls einer Andeutung von Schärfe. Dazu an anderer Stelle mehr.
Wie die spanischen De Padron kommen auch Friggitelli grün auf den Markt; wie man an einigen Exemplaren unseres Einkaufs sehen kann, reifen sie erwartungsgemäß nach rot ab. Und auf starke Sonneneinstrahlung – dies ist Italien! – reagieren die grünen Schoten mit typischer Dunkelfärbung (Pigmentbildung). Der heimische Chiligärtner kennt dies von Jalapenos bei starker Sonnenbestrahlung.
Friggitelli im Garten
A pro pos Garten – natürlich haben wir auch hier am Gardasee wieder einen Garten, bei dem erwartungsgemäß ein guter Teil dem Anbau von Chili, Paprika und Co. gewidmet ist.
Nachdem uns bereits im letzten Jahr eine Friggitello-Kaufpflanze mit Früchten ohne Ende verwöhnt hatte, haben wir im Frühjahr 2015 fünf Varianten im Garten. Eigentlich wären es sogar sechs gewesen, aber eine Saat streikte leider.
Saat:
- Friggitello (Franchi)
- Friggitello (Sais)
- Friggitello (Royal Sluis)
Pflanzen:
- Friggitello Sel. „Torre“ (L’Orto Fruttifero)
- Friggitello F1 (Ortomio)
- Friggitello Sel. „Torricello“
Der absolute Bringer war die Pflanze von Ortomio. Die Produzenten-Aussage „produziert 50-100 Früchte pro Pflanze“ auf dem Steckschild trifft zu. Ein Totalausfall war bei uns die Friggitello-Saat von Sais (Slogan: „il buon seme“). „Der gute Same“ hat bei uns leider zu null Prozent gekeimt.
Verwendung auf dem Grill und in der Küche
Dass Friggitello-Schoten grün angeboten werden, ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass sie rotgereift nicht sehr lange lagerfähig sind. Dabei schmecken sie rot auch sehr lecker, dann sind sie noch süßer.
Friggitelli Frittieren
Der Klassiker – wie die spanischen De Padron kann man die Friggitelli in etwas Pflanzenöl im Ganzen frittieren; die Temperatur sollte 150 °C nicht übersteigen.
Damit alle Schoten gleichmäßig garen, sollten sie einander nicht überlappen. Im selben Öl kann man auch in Streifen geschnittene Kartoffeln braten, etwas Knoblauch, bei Bedarf auch geschälte Tomaten oder halbierte Kirschtomaten. Über das Ganze kann man kurz vor Fertigstellung auch noch Eier geben. Alternativ kann man die Friggitelli auch entstielen und vor dem Schmoren in Ringe schneiden (siehe einige unserer Rezepte).
In Italien werden Friggitelli auch gerne mit einem Stück Sardelle gefüllt und gebraten; zu den Schmorschoten passt eine Soße aus Tomaten, Knoblauch und Basilikum.
Auch andere mediterrane Kräuter passen gut zu Friggitelli – unser Favorit ist frischer Majoran.
Auch interessant: Unsere Top 7 Tipps rund um Brat-Chilis
Zubereitung im Ofen
In einer Casserole können Friggitelli mit anderen Zutaten gebacken und mit Käse gratiniert werden..
Friggitelli Rösten – am besten auf dem Grill
Süße Peperone werden in Italien gerne geröstet und – mariniert mit ein wenig Öl und Kräutern – als Antipasti serviert. Weil es zu diesem Zweck dickfleischigere Sorten als Friggitelli gibt, werden diese hierfür eher selten verwendet. Uns fiel jedoch auf, dass es vom Schotentyp, Fleischigkeit und Aroma her eine gewisse Ähnlichkeit zu den berühmten Green Chiles des amerikanischen Südwestens gibt. Dort werden Sorten wie Sandia, Big Jim oder NuMex 6-4 traditionell grün geerntet und in Drahttrommeln mittels starker Propanbrenner zügig geröstet. Zum einen lässt sich danach die bisweilen etwas zähe Haut abziehen, zum anderen bilden sich köstliche Röstaromen. Mehr dazu in unserem Beitrag „Chilis rösten … und Leckeres damit zaubern“.
Als Anhänger der Southwestern-Küche fehlten uns die Roasted New Mexican Green Chile – die aufs Wüstenklima New Mexicos optimierten Sorten wachsen hier in Italien leider etwas mickrig. Darum haben wir ein wenig mit den noch grünen Friggitelli aus eigenem Anbau experimentiert – das Ergebnis kann sich durchaus schmecken lassen. Mehr dazu in unserem Beitrag Der Friggitelli-Geschmacksvergleich (geröstete Friggitelli New-Mexican-Ersatz).
Gefüllte Friggitelli
Friggitelli werden auch gefüllt, zum Beispiel mit Hackfleisch, gewürzt mit Pfeffer, Salz und Muskatnuss. Eignen sie sich auch zum Füllen mit Käse, um paniert und frittiert als Chiles Rellenos auf den Tisch zu kommen, also wie der Klassiker aus (New) Mexico?
Das haben wir ausprobiert, es klappt hervorragend und schmeckt wirklich lecker. Hier unser Rezept für „Friggitellos Rellenos“
Friggitelli Räuchern
Chilis räuchern? Na klar! Man denke nur an die mexikanischen Chipotle. Das sind rotgereifte Jalapenos, die traditionell durch Räuchern getrocknet werden. Sie geben vielen Soßen und Gerichten eine rauchig-feurige Note. Dasselbe gilt für die spanischen Pimentòn de la Vera – milde oder scharfe über Eichenholz geräucherte Chilis, die zum Beispiel der Chorizo-Wurst Farbe und Aroma geben und die Haltbarkeit verbessern. Unseres Wissens hat bisher noch niemand Friggitelli geräuchert. Wir haben es probiert, und das Ergebnis ist sehr lecker!
Hier unser Beitrag „Friggipotle – geräucherte Friggitelli-Chilis“
Was man sonst noch mit den Friggitelli machen kann:
Mit Friggitelli lässt sich auch ein herzhaftes Frühstück anrichten: Geschnittene Schoten mit ebenfalls geschnittenen Frühlingszwiebeln in etwas Öl anschmoren, verquirlte Eier unterrühren und die heiße Mischung großzügig mit geriebenem Käse (vorzugsweise stilecht mit Caciocavallo) bestreuen, dazu knuspriges Ciabatta. Mmmhhhh!
Diverse Gerichte, die wir mit Friggitelli schon gekocht haben…
- Friggitelli-Pasta mit Salsiccia
- In Ringen geschmort zum Aufpeppen von Pasta-Tomatensoße
- Friggitelli mit Kartoffeln
- Penne mit Tomaten und Friggitelli
- Frittata mit Friggitelli
- Mehr siehe Slider (weiter mit Wischen bzw. Mausklick rechts/links):
Tipp #1: Sind keine Friggitelli erhältlich, ersatzweise milde Peperoni, griechische Corno-Schoten, spanische De Padron , japanische Shishito oder schlanke türkische Paprika verwenden. Aber bauen Sie doch in der kommenden Chili-Saison auch einmal Friggitelli an – Sie werden es nicht bereuen!
Tipp #2: Diverse Friggitelli-Rezepte finden sich in DAS SCHARFSCHMECKER HANDBUCH
Weitere Friggitelli-Beiträge: