Keramik-Grills in Eiform erfreuen sich trotz ihres hohen Gewichtes (und des meist hohen Preises) großer Beliebtheit. Manche dieser Schwergewichte stehen zudem auf Rädern, die eher zu Büromöbeln vom Discounter zu passen scheinen.
Um mit so einem Ei indirekt grillen zu können, benötigt man einen „Deflektorstein“. Dieser wird zwischen Glut und Grillrost platziert und verhindert die direkte Hitzestrahlung auf das Grillgut. Durch dieses (mehr oder weniger) indirekte Grillen gart das Fleisch schonender – Stichwort „low and slow“. Der Rauch kann natürlich um den Stein herum aufsteigen und das Fleisch aromatisieren.
Als ich kürzlich mit meinem Cobb Pizzastein arbeitete, kam mir eine Idee: Warum nicht den Cobb mit zwei Erweiterungsringen aufstocken und die Steinplatte zwischen Glut und und Grillgut als Deflektor verwenden? Damit sollte es auch möglich sein, die Temperatur von den normal im Cobb-Garraum herrschenden 200°C…250°C zu reduzieren. Das haben wir ausprobiert, um einen kleinen Nackenbraten (1,2 kg) „low and slow“ zu garen.
Hier unser Aufbau, Schritt für Schritt…
In die unterste Etage des Cobb Premier Grill kommt der Grillbriketthalter; anstelle von 6-8 Grillbriketts kann man hier spezielle runde Brikettscheiben (Typ „Cobblestone“) verwenden, die bereits Anzündstoff enthalten und in 1-2 Minuten einsatzbereit sind. Wie nehmen gerne „KOKO QUICK“ Instant Grillbriketts aus Kokosschalen, die 60-90 Minuten Brenndauer bieten.
Natürlich wollen wir auch ein wenig „Smoken“, hierzu haben wir aus feinem Streckmetall wie man es bogenweise im Baumarkt bekommt einen Korb gefertigt, – siehe unseren Beitrag hier. Zwecks Abstand zum Briketthalter verwenden wir ihn hier umgekehrt. Darauf kommt eine Handvoll Wood Chips, die wir 30 Minuten in Wasser ziehen (und dann abtropfen) lassen, in unserem Fall Mesquite und Applewood.
Darüber kommt dann ein Cobb Erweiterungsring, der den Cobb Pizzastein trägt. Dieser sollte laut Cobb-Empfehlung immer in den Bratenrost („Fenced Roast Rack“) eingesetzt werden.
Wie aber halten wir den runden Gitterrost im oberen Zwischenring? Hier haben wir eine einfache und preiswerte Lösung gefunden, die sich schon für verschiedene unserer Cobb-Projekte bewährt hat: Wir haben in so einen Ring vier 40 mm lange M4-Schrauben nebst passenden Beilagscheiben und Muttern eingesetzt, der besseren Haltbarkeit wegen alles aus rostfreiem Stahl. Den Ring haben wir dazu mit vier Löchern à 4,5 mm Durchmesser versehen.
Auf diesen Ring haben wir dann einen zweiten gesetzt, und darauf die Cobb Grillplatte mit dem Rost darauf.
Inzwischen wird schon mal das Fleisch vorbereitet – unser Nackenbraten wird rundherum mit unserem Double Ancho Rub eingerieben. Natürlich kann hier jeder sein Lieblings-Rub verwenden. Eine Stunde vor dem Grillen nehmen wir das Fleisch aus dem Kühlschrank, damit es etwa auf Umgebungstemperatur kommt, ansonsten dauert das Grillen unnötig lange.
Der Braten kommt in eine passende Aluschale, und in die Mitte führen wir die Sonde unseres Grilleye Pro Plus Thermometers ein, um die Kerntemperatur zu überwachen.
Nachdem der Cobb-Brikett glüht, die Räucherchips darüber platziert und der weitere Aufbau darüber gesetzt wurde, kommt sogleich die Schale mit dem Braten auf den Rost, und die Haube wird aufgesetzt. So sieht das Ganze dann aus…
Wenig später raucht es kräftig; dies hält eine gute Viertelstunde bis 20 Minuten an. Das reicht auch, denn wenn der Garprozess weiter fortgeschritten ist, bringt das Smoken nichts mehr. Das Wichtigste: Die Garkammer-Temperatur (GT) bleibt lange bei 110°C und steigt tatsächlich nicht über 150°C.
Tipp: Das Thermometer stammt von Outdoorchef und hat nur um die 10 Euro gekostet. Hierfür haben wir in der Haube ein 9 mm Loch gebohrt; das Thermo kommt mit Gewinde und Mutter. Beim Abspülen der Haube muss man allerdings darauf achten, dass kein Wasser eindringt (Haube feucht auswischen, nicht spülen).
Das Protokoll unseres „Low & Slow“ Experiments…
16:15 Cobblestone entzündet.
16:20 Eingeweichte Apple/Mesquite Chips mit Drahtkorb aufgelegt, Teile zusammengefügt. Fleisch aufgelegt, Anfangs-Kerntemperatur (KT) 12°C. Es räuchert kräftig…
16:30 KT 15°C, GK 100°C
16:40 110°C
16:45 21°C 140°C
17:20 41°C 150°C
17:30 51C 150°C
18:05 GT auf 120°C gesunken… neuen Cobblestone angezündet.
In einem zweiten Brikettkorb zünden wir unseren Ersatzbrikett an; als feuerfeste Unterlage dient uns ein Dutch-Oven-Deckel.
Was viele Cobb-Benutzer nicht wissen: Der Brikettkorb ist so gestaltet, dass man ihn mit dem Cobb-Pfannengriff benutzen kann!
18:15 Cobblestone ausgetauscht. Den ganzen Turm abgehoben, mit zwei guten Grillhandschuhen ging das kurz und schmerzlos. Die Brikettkörbe greift und hantiert man wie gesagt bequem mit dem Griff der Cobb-Grundausrüstung. Da der Pizzastone weiter strahlt, kühlt das Fleisch in der knappen Minute des Wechselns nicht ab.
18:20 KT 71°C – fast hätten wir es mit einem Cobblestone geschafft! Ist aber kein Problem, mit der Resthitze werden wir – wie so oft – Kartoffeln für den nächsten Tag garen, z.B. für Bauernfrühstück oder Kartoffelsalat.
18:25 GT wieder auf 125°C gestiegen
18:40 KT 73°C, GT wieder bei 150°C eingependelt
18:50 Gewünschte KT von 75°C erreicht!
Wir nehmen die Schale aus dem Grill, entfernen das Thermometer, bedecken sie mit Alufolie und lassen den Braten noch 10 Minuten ruhen.
Smoked Pork Roast im Anschnitt… komplett mit Smoke Ring. Dann der Anschnitt… das Fleisch ist durch, saftig, zart und rauchig-aromatisch. Der Rauch von unseren Chips hat sogar für einen Smoke Ring gereicht! Den Rest haben wir natürlich gegen die Faserrichtung aufgeschnitten. Der ausgetretene Bratensaft mit dem Fett reichte als Soße völlig aus; zu so einem schmackhaften Fleisch braucht man keine Barbecue Sauce.
Fazit: Der Cobb Grill kann ein Keramik-Ei nicht ersetzen, aber wer einen Cobb und diverses Zubehör sein eigen nennt, kann durchaus ebenfalls „indirekt“ grillen. Verwendet man statt der sehr heiß glühenden Kokos-Briketts normale hochwertige Holzkohle-Eierbriketts, liegt man mit der Garkammer-Temperatur nochmals etwas niedriger. „Low & Slow“ also auch im Cobb!